Spiker's Berlin

Die Königswache und das Zeughaus

Das Zeughaus, eines der schönsten Gebäude der Preussischen Monarchie und eines der ausgezeichnetesten Denkmale der glanzvollen Regierung des Königs Friedrich I., nimmt den grösseren Theil des Mittelgrundes des vorliegenden Bildes ein, auf welchem seine südliche und ein Theil seiner westlichen Façade dargestellt ist. Der Plan zu diesem colossalen Gebäude (welches ein Viereck von ungefähr 280 F. bildet) wurde von dem, bei Gelegenheit des Schlosses (pag. 8.) erwähnten, Schüler Smid’s, Nering entworfen, der, da das Zeughaus sich an den damaligen Festungsgraben und die dahinter liegenden Bastionen anlehnen sollte, der hinteren Seite desselben eine runde Gestalt gegeben hatte. Friedrich I. selbst legte am 25. Mai 1695 den Grund zu dem Gebäude. Als Nering im selben Jahre starb, wurde, da man bei der Wölbung jener runden Seite nicht kunstgerecht zu Werke gegangen war, und diese einstürzte, der Plan geändert, und das Ganze erhielt die Gestalt eines vollkommenen Vierecks, die es auch itzt noch hat. Die Fortsetzung des Baues wurde nun Grünberg, der, auf des Kurfürsten Friedrich Wilhelm Kosten, in Frankreich und Italien die Baukunst studirt hatte, übertragen: doch scheint er nur kurze Zeit dabei beschäftigt gewesen zu seyn. Die Vollendung des Gebäudes leitete Johann de Bodt, ein geborner Pariser (im J. 1670 geboren), der in London an dem schönen Palast in Whitehall gebaut hatte und im J 1700 in Brandenburgische Dienste getreten war. Bodt nahm sogleich mehrere Aenderungen an dem Gebäude vor, und gab unter andern, statt der Attika, welche das zweite Stockwerk erhalten und die mit Basreliefs, die Thaten des grossen Kurfürsten darstellend, verziert werden sollte, jenem ein Brustgeländer, auf welchem viele trefflich ausgeführte Trophäen, theils von dem franz. Bildhauer Hulot, theils nach Schlüter’s Zeichnungen, angebracht wurden. Das Untergeschoss ist im sogenannten Rustico-Stile ausgeführt und hat Bogenfenster, deren Schluss-Steine eine Reihe von antiken Helmen, ebenfalls nach Schlüter’s Zeichnungen, bilden, und an deren Verschiedenheit sich die Einbildungskraft des genialen Künstlers beinahe erschöpft zu haben scheint. Das Geländer um das Gebäude her bilden eiserne Ketten, welche an eisernen, halb in die Erde gegrabenen, Kanonen befestigt sind, und hinter denen, in früheren Zeiten, Kugel- und Bomben-Pyramiden, für das im Zeughause befindliche Geschütz, aufgethürmt waren.

Das Haupt-Portal dieses prachtvollen Gebäudes, nach Süden, und dem Palast Sr. Maj. des Königs gegenüber, hat im Untergeschosse einen hervortretenden Ausbau, vor welchem, zu beiden Seiten des Eingangs, vier allegorische, kolossale Bildsäulen, von Hulot, die Rechnenkunst, die Geometrie, die Mechanik und die Feuerwerkskunst darstellend, stehen. Dieser Ausbau trägt vier freistehende dorische Säulen, auf welchen das Giebelfeld ruht, das mit einem Basrelief (den Gott des Krieges mit seinen Attributen darstellend) verziert ist. Zwischen den beiden mittleren Säulen sieht man das in Metall gegossene und vergoldete Brustbild des Königs Friedrich I., nach Hulot, von Jacobi *), und unter diesem eine lateinische Inschrift, welche der Gründung und Vollendung dieses Gebäudes gedenkt. – Der untere gewölbte Raum des Gebäudes ist zur Aufbewahrung aller Arten von schwerem Geschütz, Kanonen, Haubitzen u. s. w. bestimmt; der obere zur Aufstellung von Infanterie- und Kavallerie-Gewehren, Pistolen, Degen und Säbeln, deren eben so geschmackvolle als imposante Anordnung einen der schönsten Anblicke darbietet, die nur der Waffenglanz zu gewähren im Stande ist. Die ununterbrochene Verbindung der Säle des prachtvollen Vierecks, dessen Seiten, wie oben erwähnt, jede etwa 280 Fuss Länge haben, erhöht, wenn das Auge an den beinahe unabsehbaren Reihen der Gewehre hinstreift, noch das Grossartige der Ansicht. Eine sehr vollständige Sammlung der Waffen aller europäischen Armeen, nach ihrer stufenweisen Entwickelung **), worin die Modelle von Geschützen und anderen Kriegswerk zeugen ***), ist in zierlichen Schränken in der Mitte des Saales nach dem Giesshause hin, zwischen zwei, mit Gewehrläufen bekleideten und mit vergoldeten Sockeln und Kapitälern versehenen, Säulen aufgestellt, und die Modelle der Kolossal–Statuen Blücher’s und des Königs Friedrich Wilhelm I. (von Rauch und ursprünglich für Breslau und Gumbinnen bestimmt), welche in der Mitte des vorderen und Hinter-Flügels stehen, bilden eine passende Verzierung für das prachtvolle Local. – Die Fenster-Pfeiler des oberen Stockwerkes sind mit Trophäen geschmückt, die aus Waffen stücken aller Art gebildet sind, welche die Preussen meistens auf den Schlachtfeldern erbeutet haben. Hiezu sind allein 3000 Stück Gewehrläufe verwandt worden. Diese Trophäen sind überdies mit französischen Fahnen verziert, welche, in Paris erobert, meistens aus der Revolutionszeit herstammen, und deren Zahl allein 1050 beträgt.

Das Gewehrgerüst, welches in gleicher Linie mit den vier äusseren Fronten des Gebäudes dahinläuft, und in welchem die Gewehre, schräg angelehnt, in 4 Reihen über einander stehen, so dass man, um sogleich die Mannschaft zu bewaffnen, sie nur vom Gestelle wegzunehmen braucht, mag etwa 20.000 Stück enthalten. Ausserdem liegen auf älteren Gerüsten, flach, noch etwa 60,000 derselben vorräthig. Eben so sind 2000 Pistolen, 2000 Säbel und Seitengewehre und 400 Lanzen vorhanden.

In dem unteren Saale stehen, wie wir oben bemerkt haben, nur die Geschütze. Die Zahl derselben wechselt, wie man denken kann, fortwährend, da hier die Röhre für die ganze Preussische Armee angefertigt werden und nur nach Umständen Vorrath da ist. Im Durchschnitt stehen hier gewöhnlich 50 Kanonen und Haubitzen, so wie 15 Mörser. Unter den ersteren sind einige durch ihr schweres Kaliber auffallend und eben so zwei in Lüttich gegossene Mörser, welche zur Belagerung von Cadiz bestimmt waren und birnenförmige Kammern haben. Auch steht hier ein, in dem letzten Kriege den Türken in Adrianopel abgenommenes Geschütz, welches S. M. der Kaiser Nikolaus von Russland hieher geschenkt hat. – Das Zeughaus selbst ist übrigens zur Aufnahme von 150.000 Stück Handwaffen und von 180 Kanonen, mit Zubehör, eingerichtet.

Zur Linken auf unserem Bilde sieht man die unter der Regierung Sr. Maj. des itzt regierenden Königs, nach einer Zeichnung des Herrn Geh. O. B. R. Schinkel erbaute, Königswache. Sie ist an der Stelle der ehemaligen unansehnlichen Artillerie-Wache, welche im J. 1818 abgerissen wurde, aufgeführt, und bildet ein mit vier thurmartigen, viereckten Vorsprüngen versehenes, alterthümliches sogenanntes Castrum (befestigtes Lager), das, an der Vorderseite, ein mit 6 altdorischen Säulen geziertes Peristyl hat. In dem Friese über den Säulen sieht man Victorien mit ausgebreiteten Flügeln, und das Giebelfeld sollte ein Basrelief enthalten, das, wie man sagt, vollendet ist und dessen Aufstellung die Fronte des schönen Gebäudes in ihrer ganzen Grossartigkeit erscheinen lassen dürfte. Von den beiden, mit zierlichen eisernen Gittern umgebenen, kolossalen Marmor-Statuen stellt die dem Zeughause zunächst stehende den verst. General v. Scharrnhorst und die andere, nähere den Gen. Gr. v. Bülow-Dennewitz dar. Beide sind von Rauch ausgeführt und gehören zu den schönsten Werken des genialen Künstlers. Die Basreliefs an den Fussgestellen derselben sind, sowohl in Hinsicht der geistreichen Erfindung, als der kunstgerechten Ausführung, wahre Muster für alle modernen Arbeiten dieser Art. Passende Inschriften mit goldenen Buchstaben gedenken der Namen der Helden und des Monarchen, der die Aufstellung der Statuen befahl.

Das im Vorgrunde zur Linken hervortretende Gebäude gehört zu der K. Universität, deren östlichen Queerflügel es bildet; das zur Rechten ist das Peristyl, mit welchem die Vorderseite des K. Opernhauses verziert ist. Zwischen den Säulen und dem eigentlichen Gebäude selbst hindurch, sieht man die Metall–Statue Blücher’s, welche den obenerwähnten Bildsäulen seiner Waffengefährten gegenüber steht. Den Hintergrund bilden die nördliche Façade des Schlosses, der an dieselbe anstossende ältere, mit Giebeln verzierte, Theil desselben, worin gegenwärtig die Hof-Apotheke u. s. w. befindlich sind, und die Baum-Alleen des Lustgartens.

*) Demselben, von dem der Guss der trefflichen Statue des grossen Kurfürsten auf der langen Brücke herrührt.

**) Diese Modell-Sammlung gewährt eine vollkommene Uebersicht der Geschichte der Feuerwaffen. Es sind darin 200 Gewehre, von den kleinsten bis zu den längsten und grössten, vorhanden, und unter andern 7 Stücke, wovon der eine Lauf 12 Fuss Länge hat. Unter den hier zugleich auf gestellten blanken Waffen, sind 40 durch ihre Eigenthümlichkeiten bemerkenswerth: z. B. Flamberge, doppelhändige Schwerter u. s. w. Unter den Lanzen ist besonders eine merkwürdig, mit welcher der spanische Commandant von Montmedy, Mambrino, als ein hochbetagter Greis, die Bresche seines Platzes vertheidigte und, mit ihr in der Hand, darin fiel. – Von Schlüsseln von eroberten Festungen sind 7 Bündel da, worunter die von La Fère, Soissons &c. – Von merkwürdigen Rüstungen sind 9 aufgestellt, wovon mehrere auch mit dem Pferde-Harnisch. Eine davon soll Franz I. zugehört haben, und eine war, unverkennbar, eine Weiber-Rüstung.

***) Von diesen sind 30 vorhanden, worunter z.B. Geschütze, welche mehrere Kugeln auf einmal schiessen; welche, die von hinten geladen werden, mehrere, die sich drehende, Röhren haben u. s. w.